Für die Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank haben wir ein partizipatives Mediensystem für die Dauerausstellung „Anne Frank. Morgen mehr“ konzipiert und umgesetzt. Ziel ist es, junge Besucher:innen anzusprechen und sie über das Leben von Anne Frank und ihre heutige Bedeutung zu informieren. Wir entwickelten 18 maßgeschneiderte interaktive Stationen, die mit Tablets erkunden werden, um sich Themen wie Vielfalt, Toleranz und Gerechtigkeit kritisch zu nähern.
Pädagogisches Konzept
„Deine Meinung zählt!“
Das Tagebuch der Anne Frank ist eines der wichtigsten und bekanntesten Dokumente über die Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung während des Holocaust. Die Bildungsstätte Anne Frank mit Sitz an ihrem Geburtsort Frankfurt hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihre Geschichte weiterzugeben und Verbindungen in die Gegenwart zu ziehen, in der Rassismus, Ungerechtigkeit, Ausgrenzung und Vorurteile noch immer allgegenwärtige Probleme sind.
Für die Neugestaltung der Dauerausstellung „Anne Frank. Morgen mehr.“ haben wir uns frühzeitig in den kreativen Prozess eingebracht und eng mit dem Kurator:innenteam, dem Grafikbüro Pixelgarten, den Architekten von Exposition und der Designerin Katja Kirchhoff zusammengearbeitet. Wir entwickelten die Medienstrategie, waren für alle digitalen Inhalte verantwortlich, übernahmen das Design und die Herstellung von Geräten, Schnittstellen und Hardware und richteten ein Software-Framework für das Content-Management ein.
„Anne Frank. Morgen mehr.“ ist als interaktives Lernlabor konzipiert, das sich vor allem an jugendliche Besuchergruppen und Schulklassen richtet, aber auch für die breite Öffentlichkeit zugänglich ist. Anders als herkömmliche Ausstellungen setzt es auf aktive Beteiligung, Austausch und eigenständiges Erkunden. Ziel ist es, Fragen zu stellen, anstatt allgemeingültige Antworten zu präsentieren, um kritisches Denken und Empathie zu fördern. Dies wird durch greifbare Beispiele, veranschaulichtes Wissen und immer wieder auch durch eine provokative Note erreicht. Unterstützt von geschulten Guides werden die Besucher:innen ermutigt, ihre eigenen Schlüsse zu ziehen und sich eine reflektierte Meinung zu bilden. Darüber hinaus wird dazu aufgefordert, persönliche Entdeckungen zu den behandelten Themen digital zu dokumentieren, um eine Grundlage für eine abschließende Gruppendiskussion zu schaffen.
Konzeptionell beginnt die Ausstellung mit der Biografie und der Person Anne Frank, bevor eine Verbindung zur Gegenwart hergestellt wird. Alle Themen werden in 18 maßgeschneiderten Medienstationen und analogen Mitmachaktionen behandelt, die verschiedene Aspekte von Ausgrenzung und Ungerechtigkeit beleuchten. Mit unterschiedlichen didaktischen Ansätzen, Interaktionskonzepten und Präsentationsformen bilden sie eine vielfältige thematische Spielwiese.
Vielseitiges Lernwerkzeug
Digitale Medien in Bewegung
Unser Hauptfokus lag auf der Entwicklung einer einheitlichen Medienstrategie und der Umsetzung aller digitalen Elemente. Basierend auf dem pädagogischen Ziel jeder Station übersetzten wir außerdem die Inhalte in digitale Erzählungen, die in verschiedenen Medienformaten präsentiert wurden – von Spielen über Animationen bis hin zu kurzen Videoclips. Dank der engen Zusammenarbeit mit den Ausstellungsmacher:innen fügten sich unsere Lösungen perfekt in die von Exposition gestalteten Raumobjekte und die Grafiken von Pixelgarten ein.
Hassrede ist ein verbreitetes Problem in der digitalen Kommunikation und den sozialen Medien. Aber wo zieht man die Grenze zwischen einem Scherz, einem unangemessenen Kommentar und tatsächlicher Hassrede? An dieser interaktiven Station können bis zu vier Besucher:innen Chat-Protokolle auswerten und unangemessene von diskriminierenden Handlungen unterscheiden.
Die Station Maria und Josef beleuchtet die Herausforderungen, mit denen Menschen konfrontiert sind, die ohne gültige Ausweispapiere in Europa leben. Die Besucher:innen folgen einer jungen Frau, die illegal in Spanien lebt, auf ihrer Reise nach Oslo, um ihren Freund wiederzusehen. Die Reise wird zu einer Odyssee, als sie aufgrund ihrer fehlenden Dokumente auf Probleme mit der Arbeitserlaubnis, dem Transport, den Grenzkontrollen oder der medizinischen Versorgung stößt.
Mit einer realistischen Handlung, die durch maßgeschneiderte Animationen illustriert wird, haben wir das Thema der illegalen Migration und Ausgrenzung in ein Abenteuerspiel verwandelt, das Besucher:innen die Welt aus der Perspektive der Betroffenen zeigt.
Da Besucher:innen immer wieder die Möglichkeit haben, Situationen und Aussagen zu bewerten, sich bei kontroversen Themen für eine Seite zu entscheiden oder persönliche Meinungen festzuhalten, werden die Tablets im Laufe der Ausstellung zu einer Meinungsdokumentation. So wird eine perfekte Grundlage für eine abschließende Gruppendiskussion geschaffen, geleitet von geschulten Guides. Die jungen Besucher:innen versammeln sich um eine große Leinwand, um sich über das Gelernte auszutauschen und ihre neu gewonnenen Erkenntnisse auf reale Erfahrungen anzuwenden.
Produktdesign und Code
Maßgeschneiderte Lösungen auf allen Ebenen
Für die Ausstellung ist es uns gelungen, mit kostengünstigen Mitteln vielfältige Erlebnisse zu schaffen, indem wir einfache technische Lösungen sorgfältig ausgewählt und mit maßgeschneiderten Elementen kombiniert haben. Bei der Erstellung zusätzlicher spezieller Exponate für die einzelnen Medienstationen konnten wir auf unser Know-how in Produktdesign und -fertigung zurückgreifen.
Das zentrale Interaktionswerkzeug besteht aus einem erschwinglichen Tablet und standardisierten Gehäusen. Um sie exakt auf die spezifischen Anforderungen zuzuschneiden, haben wir sie mit 3D-gedruckten Hardware-Elementen ausgestattet, die speziell angefertigte Sensorik enthalten.
Alle digitalen Medien werden über ein zentrales Content Management System gesteuert, das wir exklusiv für diesen Anwendungsfall entwickelt haben. Es gibt den Mitarbeiter:innen der Bildungsstätte Anne Frank die Freiheit, Inhalte zu bearbeiten oder zu erweitern und Einblicke in die Besucherinteraktion zu gewinnen.
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