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Eine Pattern Language für mobile Endgeräte in Museen und Austellungen

Immer öfter treffen zwei getrennte Welten aufeinander: Die physikalische, fixierte, dauerhafte Welt des Museums und die ephemere, mobile, virtuelle Welt des Codes. Doch wie werden sie am besten vereint?

Hier finden sich viele bisherige Ansätze und Best-Practices für die Verwendung mobiler Endgeräte und allgemein digitaler Technik im Museum, praktisch anwendbar in einer Pattern Language aufbereitet.

Einleitung

Eine gemeinsame Sprache

Die hier dargestellten Patterns und die aus ihnen zusammengesetzte Pattern Language (PL) soll Designern von mobilen Anwendungen im Museums- und Ausstellungskontext eine Handreichung sein, wie sie ihre Produkte bestmöglich an das spezielle Szenario eines Museumsbesuchs anbinden können. Designer können in dieser Sprache „sprechen“, indem sie den höheren, abstrakten Mustern bis hin zu den kleinere, konkreten Mustern entlang von Referenzen folgen.

Gleichzeitig soll sie aber auch im engeren Sinne als eine Sprache genutzt werden können. Das bedeutet, dass sie eine Kommunikationsbasis für die an der Konzeption der Ausstellung beteiligten Akteure bietet, seien es die Designer, Kuratoren, Auftraggeber oder Pädagogen.

Integriert und flexibel

Im Gegensatz zu seriell getrennten Phasen für Projektplanung, Objektrecherche, Textredaktion, Mediengestaltung und Vermittlungskonzept bietet eine Mustersprache einen integrativen Ansatz. Sie vereint Wertedebatten, Zielsetzungen, Publikumsdefinitionen, Anwendungsszenarien und Umsetzungsstrategien und stellt kompakte Einheiten zur Verfügung, mit Hilfe derer sich die Beteiligten trotz unterschiedlicher gedanklicher Ansätze und konfligierender Interessen in einem gemeinsamen Prozess miteinander austauschen können.

Je nach Tätigkeitsfeld, Anwendungskontext und Konzeptphase werden die Akteure an unterschiedlichen Stellen der Sprache ansetzen, und letztlich kann jedes Muster zudem auch einzeln als Inspiration genutzt werden, um ähnliche Lösungen selbst zu entwickeln.

Einheitlich und Verständlich

Jedes einzelne Muster ist nach einem streng einheitlichen Schema aufgebaut, um die Verwendung der Mustersprache zu erleichtern. Hat der Leser diese Grundstruktur verstanden, kann er die für ihn wichtigen Informationen in wenigen Sekunden finden und nachvollziehen.

  1. Erstens hat jedes Muster einen Namen. Dieser Name bezeichnet ein Prinzip, einen Ansatz oder einen Kontext und ermöglicht es dem Designer, auf den ersten Blick den Anwendungsbereich des Musters zu fassen.
  2. Zweitens hat jedes Pattern eine Anzahl an Kontextmustern. Diese zeigen auf, von welchen Prämissen das konkrete Muster ausgeht und weisen einen Weg zu diesen, die Sprache hinaufsteigend, so dass sich Anwender dem Kontextproblem widmen oder den Gültigkeitsbereich des vorliegenden Musters verstehen können.
  3. Zentral ist drittens die Problembeschreibung. Sie ist kurz gehalten – als Faustregel gilt, dass sie aus nicht mehr als drei Sätzen besteht – damit der Leser schnell erfassen kann, ob dieses Problem auf sein Projekt und seinen Lösungsbedarf zutrifft.
  4. Um den Problemkomplex genauer darzustellen, wird dieser viertens mit Beispielen aus der Praxis belegt. Diese stammen aus Ausstellungsprojekten der MESO Digital Interiors GmbH, die während ihrer Arbeit für verschiedene Museen und industrielle Kunden auf die hier angeführten Probleme gestoßen ist und Lösungen für sie erarbeitet hat.
  5. Diese Lösungen für die Probleme werden im vorletzten Abschnitt der Musterbeschreibung präsentiert. Es werden klare Handlungsanweisungen gegeben, die das beschriebene Problem zumindest unter bestimmten Voraussetzungen oder in den angegebenen Kontexten beheben können.
  6. Und letzten Endes werden eine Reihe an Folgemustern angeführt. Dies soll einen flüssigen Designprozess ermöglichen, indem der nächste Schritt des iterativ-generativen „Entfaltens“ des Projekts sofort offenbar wird.

Muster und Sprache

Die Gesamtstruktur der hier entwickelten Pattern Language ist in diesem Diagramm und der ihm folgenden Auflistung ersichtlich. Ein verstehendes Erfassen der komplexen Zusammenhänge der gesamten Mustersprache ist aus den Titeln kaum möglich und auch nicht angestrebt. Die Muster müssen vielmehr lesend ergründet und mit Hilfe der Kontext- und Folgemuster durchgearbeitet werden. Klicken Sie auf die Titel in der Auflistung, um zu den Kategorien oder direkt zu den Mustern zu springen.

Grundsätze

Die obersten Muster dieser – wie jeder anderen guten – Pattern Language sind abstrakt
oder wertegeleitet. Sie bereiten die anderen Muster vor, indem sie entweder deren Gebrauch
ermöglichen, ihren Einsatz rahmen oder Grundprinzipien ihrer Anwendung bestimmen.

  • FÜR DAS VIRTUELLE PLANEN
  • DEN „GUTEN“ BESUCHER ERMÖGLICHEN
  • MIT DEN FÜßEN NAVIGIEREN

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Chancen und Grenzen der Technik

Die technikgestützte Aufbereitung oder Aktualisierung der virtuellen Inhalte braucht gewisse Voraussetzungen auf Seiten der Hard- und Software. Diese hat jedoch ihre eigenen Beschränkungen und Einsatzbedingungen. Manchmal sollte man auch auf sie verzichten und andere Lösungen in Betracht ziehen.

  • GERÄTE VERNETZEN
  • SENSOREN EINSETZEN
  • TECHNIK ZEIGEN
  • INSTALLATIONEN VERMEIDEN
  • PERSÖNLICHE HILFE ANBIETEN

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Anwendungsgestaltung

Die am nähesten an klassischem UX-Design liegenden Muster dieser Sprache sind all jene, die sich mit der Anwendung selbst, ihrer Strukturierung und Steuerung befassen. Viele lassen sich auch auf andere Kontexte übertragen - manche sind jedoch auch spezifisch für den hier angedachten Verwendungszusammenhang.

  • AUF EINEN BLICK VERSTÄNDLICH SEIN
  • EINGABEN PER HAND VERMEIDEN
  • INFORMATIONEN AUFSCHICHTEN
  • DIE ANWENDUNG PAUSIEREN
  • DEM NUTZER DIE KONTROLLE GEBEN

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Soziale Aspekte

Der museale Raum ist ein sozialer Raum, wie dargelegt wurde. Dementsprechend gibt es eine Reihe an Patterns, die sich damit befassen, den Besucher in seiner Sozialität zu beruhigen oder zu bereichern.

  • ANWENDUNGEN SOZIAL VERTRÄGLICH GESTALTEN
  • GRUPPENMITGLIEDER INTERAGIEREN LASSEN
  • DEN BESUCHER ZU WORT KOMMEN LASSEN
  • INHALTE TEILBAR MACHEN

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Spezielle Zugänge

Ein Besucher ist nicht wie der andere. Die virtuelle Anreicherung bietet umfassende Möglichkeiten, das museale Angebot zu erweitern und den verschiedensten Vorlieben oder Fähigkeiten Rechnung zu tragen.

  • DIE ANWENDUNG PERSONALISIEREN
  • UNTERSCHIEDLICHE ZUGÄNGE BIETEN
  • NARRATIVEN EINEN AUTOR GEBEN
  • SPIELE GEZIELT EINSETZEN

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Lebensweltanbindung

Der Museumsbesuch beginnt nicht an der Eingangstür und endet nicht im Shop - und so anders die museale Sphäre ist und auch sein sollte, so ist sie doch Teil der Lebenswelt des Besuchers, oder sollte es zumindest sein. Bestimmte hier präsentierte Mittel können dabei helfen.

  • BESUCHER ETWAS MITNEHMEN LASSEN
  • DIE MUSEUMS-WEBSEITE NUTZEN
  • EINEN VIRTUELLEN RUCKSACK EINRICHTEN
  • LOGINS MIT BEDACHT VERWENDEN

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Projekte

Die bebilderten Beispiele dieser Pattern Language sind meist kürzlich umgesetzten Projekten der MESO Digital Interiors GmbH in Frankfurt am Main entnommen, mit deren Unterstützung diese Arbeit entstanden ist. Die Designagentur entwickelt seit über zwanzig Jahren digitale Exponate für Messen und Ausstellungen und hat große Erfahrung mit den Fallstricken sowie den Best Practices bei der Einbindung digitaler Medien und Geräte in räumliche Präsentationsformen.

Der Klang der Quadrate

Die Ausstellung "Der Klang der Quadrate" für das Stadtmarketing Mannheim wurde 2007 zum 400jährigen Jubiläum umgesetzt, und anschliessend im Rock- und Popmuseum in Groningen aufgebaut. Sie war eine mobile Containerausstellung, in der Besucher Musiksamples aufnehmen, abmischen und remixen konnten. Das Gesamtkonzept beruhte auf der Verwendung von handtellergroßen Plastikwürfeln, die als Datenträger dienten. MESO war für das technische Interaktions- und Systemdesign sowie dessen Implementierung verantwortlich.

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Museum Friedland

Das Museum Friedland ist eine dauerhafte Gedenk- und Bildungsstätte im Bahnhof Friedland nahe Göttingen in Niedersachsen. Es zeigt die Geschichte des 1945 eröffneten Grenzdurchgangslagers. Das Lager nahm als zentrale Erstaufnahme- und Registrierungsstelle ursprünglich Vertriebene auf den Ostgebieten, jüdische Holocaustüberlebende und Kriegsheimkehrer auf, später dann DDR-Flüchtlinge, Spätaussiedler und generell Geflüchtete aus Krisenherden aller Welt. MESO verantwortete das Mediengesamtkonzept der 2016 eröffneten Dauerausstellung. Die Ausstellung nutzt Handhelds, über die via NFC-Chips begleitende Audiospuren aktiviert werden können.

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Senckenberg Naturmuseum

Für das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main wurde im Rahmen des 200jährigen Jubiläums des Museums eine dreijährige Sonderausstellung zur „Faszination Vielfalt“ eröffnet. Die von MESO umgesetzten Medienstationen ergänzen die wandfüllenden Schauvitrine mit informativen und spielerischen Funktionen.

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Bildungsstätte Anne Frank

Die Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main ist ein sogenanntes Lernlabor, das vor allem Schülern in betreuten Gruppenbesuchen am Beispiel der Biographie Anne Franks für die Themen Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung sensibilisieren will. Das 2018 eröffnete Lernlabor wurde von MESO technisch konzipiert, umgesetzt und betreut. Zentrales Vermittlungstools sind digitale Tablets mit NFC Lesegeräten, die die Besucher die Ausstellung interaktiv erleben lassen.

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Radiophonic Spaces

Die Radiophonic Spaces sind eine Wanderausstellung des Lehrstuhls „Experimentelles Radio“ der Bauhaus Universität Weimar zu Radiokunst. Sie wurde 2018/19 in Berlin und Basel gezeigt und war im Jahr 2019 in Weimar zu sehen – oder besser: zu hören. Die Ausstellung besteht aus über 200 Radiokunstwerken, die über via WLAN-Tracking verortete Mobiltelefone im Raum entdeckt, gesammelt und gehört werden können.

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Zum Weiterlesen

Das Technische Versprechen

Die informationstechnischen Innovationen haben dem Museum eine Menge zu bieten. Bei begrenzter Ausstellungsfläche, Objekten mit speziellen konservatorischen Ansprüchen und der knappen Ressource der Aufmerksamkeit der Museumsbesucher sind zusätzliche Ebenen der Visualisierung, des selektiven Informationszugriffs und der aktivierenden Interaktivität eine Chance für das Museum, Reichweiten zu erhöhen, Nutzerfreundlichkeit zu verbessern oder Zugangsschranken zu senken.

Insbesondere die Verbindung von Raum und mobilem Gerät birgt seit zehn Jahren unter den Schlagworten Multimedia-Guide, Bring Your Own Device (BYOD), Lokalisierung und „location-awareness“ ein sich nach und nach erfüllendes Versprechen von Synergie und zuvor ungeahnter Erfahrungserweiterung des Museumsbesuchs.

Im Dienste des Museums

Die neuen mobilen Kommunikationstechnologien haben ihre eigenen Regeln, ihre eigenen Bedingungen und Möglichkeiten, und wie sehr diese auch noch im Fluss sein mögen, so haben sich doch schon kulturelle Praktiken und Designstandards etabliert. Diese werden im Rahmen dieser Untersuchung konsequent in den Dienst des Museums gestellt, ihm gewissermaßen verpflichtet und untergeordnet.

So oft in diesem Projekt von Informationstechnologien, Innovationen und Interaktionen, überhaupt von all den Anglizismen die Rede ist, die diese Techniken umgeben, sieht es sich doch der althergebrachten Institution Museum, seinen Konventionen, seinem Wissen und seinen Leistungen verpflichtet.

Alexanders Idee

Das Verfahren der Mustersprache (Pattern Language) wurde von dem britischen Architekturtheoretiker Christopher Alexander seit den siebziger Jahren in den USA entwickelt und fand seinen größten Widerhall in der Informatik und der Mensch-Computer-Interaktion. Es unterteilt den Entwurf eines Gesamtsystems in kleine, einfach Einheiten, sogenannte Patterns, oder Muster, und verbindet sie integrativ und iterativ.

Dies verspricht nicht nur eine einfache Handhabung des Designentwurfs, sondern vor allem eine behutsame, die bestehenden Traditionen und Konventionen des Umfeldes – in diesem Falle jenes des Museums – nicht zerstörende oder ersetzende Implementierung.

Mehr Erfahren

Die hier vorgestellte Pattern Language wurde im Frühjahr 2019 als Masterarbeit im Studiengang "Informatik für Geistes- und Sozialwissenschaftler" bei Prof. Maximilian Eibl am Fachbereich Medieninformatik der Technischen Universität Chemnitz eingereicht.

Sie ist in enger Zusammenarbeit mit Prof. Sebastian Oschatz von der MESO Digital Interiors GmbH in Frankfurt am Main entstanden, deren Ausstellungspraxis als Grundlage und deren Ausstellungsprojekte als Beispiele für die hier vorgestellten Patterns dienen.

Falls Sie als Forscher an der historischen Einordnung und theoretischen Herleitung dieser Pattern Language interessiert sind, können Sie die gesamte Masterarbeit hier einsehen.

"Want to put theory into action? Get in touch, and let's discuss your exhibition project."

Henje Richter +49 69 24 000 363 +49 69 24 000 363

MESO Digital Interiors GmbH
Gutleutstr. 96 . 60329 Frankfurt . Germany